Ayurveda – Leben im Rhythmus der Natur   

Denke ein wenig über deinen Alltag nach und richte die Ereignisse in deinem Leben nach deinem größtmöglichen Wohlbefinden aus. Versuche herauszufinden, ob deine Verpflichtungen, Gewohnheiten und Vorlieben deiner inneren Balance (Dosha-Gleichgewicht) eher nützen oder schaden. Oft haben Menschen durch die Sachzwänge der heutigen Zeit das Gefühl, viele Seiten ihres Lebens nur wenig beeinflussen zu können. Doch die Wohltaten vieler kleiner Veränderungen werden später in der Summe einen spürbaren Unterschied ausmachen.

Die Ayurvedische Uhr – Tages- und Jahresrhythmus im Ayurveda

Die traditionellen ayurvedischen Schriften geben klare Anweisungen für das tägliche Leben mit der Dinacharya, dem Tagesablauf. Sie zeigen auch Mittel und Wege, wie wir die jahreszeitlichen Anwendungen in der jeweiligen Jahreszeit durchführen können. Wenn wir uns an die Regeln eines gesunden Lebens halten, können wir unsere Doshas ausbalancieren und im Gleichgewicht halten. Wir werden vollkommen gesund sein, uns wohl fühlen und ein langes Leben führen.

An einem Tag durchleben wir eine große Zahl rhythmischer Veränderungen. Wir wissen heute dass die körpereigenen Rhythmen zum einen erblich festgelegt sind, zum anderen durch äußere Zeitgeber aktiviert werden. Solche natürlichen Zeitgeber sind der Lauf der Sonne, die Phasen des Mondes und die Jahreszeiten. Koppeln wir uns von diesen Zeitgebern ab, kommen wir aus dem Lebensrhythmus und haben große Schwierigkeiten mit der Synchronisation unserer inneren Uhr. Krankheiten, seelische Störungen und ein schlechter Allgemeinzustand können aus ayurvedischer Sicht die Folge sein.

Die drei Doshas (Bioenergien – Vata, Pitta, Kapha) bestimmen einerseits die Anlage eines Menschen, seine Konstitution, sein Temperament und die natürlichen Neigungen und Fähigkeiten. Andererseits unterliegen sie als Regelkräfte den rhythmischen Veränderungen und ermöglichen so eine Anpassung an aktuelle Lebensumstände.

Für deine Gesundheit und Vitalität ist ein regelmäßiger Ablauf wichtig, denn dein Körper passt sich von alleine bereitwillig deinen Gewohnheiten an. Oft scheint es am schwierigsten zu sein, sich gute Angewohnheiten zuzulegen. Dein Verstand mag sich der Veränderung widersetzen, oder dir einreden, du verpasst eine der angenehmen Seiten des Lebens. Aber willst du nicht lieber ein paar Minuten am Tag für einige wenige einfache Regeln aufwenden, statt längere Zeit mit Unwohlsein oder Krankheit zu verbringen? Als Anstoß reicht oft schon ein anderer Blickwinkel.

Der Morgen – Vata-Zeit

Dein morgendlicher Fahrplan wird wahrscheinlich davon bestimmt, rechtzeitig zur Arbeit zu kommen und / oder die Kinder zu versorgen. Für etwas Neues oder anderes, so meinen viele, ist keine Zeit. Veränderungen könnten bedeuten, Abläufe leicht umzugestalten, etwas vorzubereiten oder früher aufzustehen. Daher solltest du dir einen gesünderen morgendlichen Ablauf Schritt für Schritt angewöhnen und zunächst eine oder zwei kleine Änderungen einführen. Die folgenden Vorschläge sind für alle Konstitutionstypen geeignet, und daher bist du frei zu entscheiden, wie und ob du deine Morgenroutine ändern willst. Hier eine kleine Inspiration:

  • Beginne den Tag  noch vor Sonnenaufgang (6.00 Uhr) in der Vata-Zeit. In den ersten Morgenstunden und vor Sonnenaufgang ist Prana (Lebensenergie) am stärksten. Danach (von 6.00 Uhr bis 10:00 Uhr) beginnt die Kapha-Zeit. Bleibe nach dem Aufwachen noch ein wenig im Bett liegen, spüre deinen Körper und deine Haltung gegenüber dem neuen Tag nach. Denke an alle Ebenen deines Seins und deine Rolle in der Schöpfung. Welchen Schwierigkeiten und Herausforderungen du an diesem Tag auch gegenüberstehst, beginne ihn mit freundlichen, liebevollen Gedanken über dich selbst. Nehme eine dankende Haltung an, sie wird dein Herz für die Wunder und Segnungen des Universums öffnen. Versuche, diese bewusste Haltung in allen deinen täglichen Aktivitäten zu wahren.
  • Vor dem Aufstehen reibst du deine Handflächen aneinander und  reibst sie sanft über dein Gesicht. Spürst du wie Energie und Lebenskraft in dein Dasein fließen?
  • Grüße dich selbst im Spiegel, um dich daran zu erinnern, dass du dich liebst und Selbstachtung hast.
  • Morgens sollten die natürlichen Bedürfnisse erwachen. Widme dich auf der Toilette deinen Ausscheidungen. Helfe evtl. dadurch nach, dass du nach dem Aufstehen ein Glas Wasser trinkst.
  • Kratze dich mit einem Teelöffel über die Zunge. Sowohl das Verdauungssystem, als auch die mit der Zunge verbundenen feinstofflichen Kanäle (vergleichbar mit den Meridianen) werden dadurch angeregt. Eine belegte Zunge kann auf Ama im Körper hindeuten, und das Kratzen hilft, etwas davon zu entfernen.
  • Spüle deinen Mund 10 bis 15 Min. mit Öl und putze anschließend deine Zähne.
  • Reinige deine Nase und bewahre deine Schleimhäute vor dem Austrocknen, indem du jede Naseninnenseite mit deinem kleinen, in Sesamöl getauchten Finger bestreichst. Der Fingernagel sollte dafür kurz geschnitten sein.

  • Gönne dir eine Ayurvedische Selbstmassage oder eine Bürstenmassage.
  • Nehme ein kurzes warmes Bad oder eine Dusche.
  • Einige Dehnübungen oder Yoga tun jetzt gut. Danach etwas Ruhe oder Meditation.
  • Kleide dich in frische, saubere und bequeme Kleidung, in Farben, in denen du dich gut fühlst.
  • Wenn es mit deiner Konstitution übereinstimmt, nehme nun ein Frühstück zu dir (ab 6.00 Uhr – Kapha-Zeit!) – und wenn es deine Zeit erlaubt, mache anschließend einen kurzen Spaziergang oder gehe zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit.
Der Mittag – Pitta-Zeit

Von zehn Uhr morgens bis zwei Uhr nachmittags ist Pitta-Zeit, für viele Menschen die produktivste Zeit des Tages. Vor Mittag erreichen Gedächtnis, Lernfähigkeit und Kreativität ihren Zenit. Danach geht die Leistungskurve wieder zurück, während gleichzeitig die Ruhepause für die Verdauungstätigkeit beginnt. Das Verdauungsfeuer hat jetzt seine stärkste Aktivität, entsprechend ist die optimale Zeit für das Mittagessen, das die größte Mahlzeit des Tages sein soll, auch gegen zwölf Uhr.

Für die früheren Generationen war das noch eine Selbstverständlichkeit. Diese gesunde Tradition haben heute kleine Snacks und Fast Food verdrängt, während die Hauptmahlzeit auf den Abend verlegt wird. Das ist zwar aufgrund der modernen Arbeitswelt verständlich, aber damit nicht weniger ungesund, denn ein gehaltvolles Abendessen kann nur schwer verdaut werden. Es belastet den Schlaf und beeinträchtigt die nächtliche Erholung der Verdauungsorgane. Als Folge entstehen Stoffwechselfehlprodukte und Giftstoffe, die längerfristig zu einer Vielzahl von Beschwerden und Erkrankungen führen können. Müdigkeit und / oder Übelkeit am Morgen, Appetitstörungen, steife und schmerzende Gelenke sind deutliche Anzeichen. Eine Umstellung auf leichte Kost am Abend, eine Hauptmahlzeit mittags und – je nach Konstitution – der Verzicht auf Zwischenmahlzeiten verbessert nach ayurvedischer Lehre oft schon nach wenigen Tagen das Wohlbefinden. Nach dem Mittagessen solltest du fünf bis zehn Minuten entspannen, bevor du dich wieder deinen Tätigkeiten zuwendest. Bei etwas mehr Zeit und Gelegenheit, z. B. am Wochenende, runde die Mittagspause sinnvoll mit einem Verdauungsspaziergang ab. Verzichte auf einen Mittagsschlaf, es sei denn, du gehörst zu den Vata-Menschen – die dürfen sich ein kleines Nickerchen erlauben.

Beachtung solltest du auch den Ayurvedischen Essensregeln schenken.

Teepause – Vata-Zeit

Nach zwei Uhr Nachmittag wandert der Zeiger unserer inneren Uhr in die Vata-Phase. Mit ihr bekommen Körper und Geist wieder neuen Schwung. Mancher fühlt sich jedoch besonders um diese Zeit sehr müde. Hauptgrund dafür ist ein schwaches Agni (Verdauungsfeuer), das das Mittagessen nur schwer verdauen kann. Psychologische –Tests haben dagegen ergeben, dass die geistige Leistungsfähigkeit normalerweise etwa um drei Uhr nachmittags einen Höhepunkt erreicht. Gegen vier Uhr kommt dann eine Wende im Tagesrhythmus. Jetzt kann man eine Teepause mit einem Vata-, Pitta-, oder Kapha-Tee und / oder einem Obst-Snack einlegen, die noch einmal Elan für die restlichen Stunden des Tages gibt.

Dauerstress verursacht menschliche Leistungstiefs. Humanbiologen fanden heraus, dass wir im Tagesverlauf 90 bis 120 Minuten dauernde Aktivphasen durchleben, denen in der Regel ein Tiefpunkt folgt, der zwanzig Minuten dauert. Diese Erkenntnis führt zu einer neuen Sicht von Stress, Gesundheit und Heilung. Übermäßigend andauernde Aktivität führt zu typischen Stresssymptomen, denn sie stört unsere natürlichen Rhythmen. Eine viertel Stunde Pause, beispielsweise bei einer Tasse Tee oder einem kleinen Obst-Snack, gibt dir Gelegenheit, dich wieder zu harmonisieren. Lege deshalb während es natürlichen Tiefpunktes des Ruhe-Aktivitäts-Zyklus eine Pause ein, um dich körperlich und geistig zu regenerieren.

Der Abend – Kapha-Zeit

Am Ende eines Arbeitstages solltest du einige Momente die Augen schließen und mit deiner inneren Schönheit und deinem inneren Frieden in Verbindung treten. Schwierigkeiten und Konflikte kannst du ebenfalls in dieser Ruhezeit angehen, indem du an deine innere Weisheit anknüpfst. Nach Auffassung des Ayurveda ist der beste Moment für entspannende Übungen und Meditation vor dem Abendessen. Aber vielleicht lassen dir auch Haushalt oder ein vorzubereitendes Abendessen keine ruhige Minute. Doch denke daran: Den Unterschied macht deine bewusste Haltung gegenüber den Dingen. Von deiner inneren Weisheit bist du niemals getrennt.

Ab 18.00 Uhr übernimmt Kapha die Führung unseres inneren Rhythmus. In dieser Phase liegt auch der ideale Zeitpunkt für ein kleines Mahl, mit dem du Kapha, biologische Stärke, aufnimmst. Esse gleich zu Beginn dieser Zeitspanne, denn später ist der Stoffwechsel wieder träge und kann Nahrung nur mehr schwer verdauen. Ansonsten sollte dir der Abend zur Erholung und zur Einstimmung auf die bevorstehende Nachtruhe dienen.

Die Nacht

Viele Menschen unterschätzen die Bedeutung von ausreichendem und effektivem Schlaf für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden. Meist gehen sie zu spät ins Bett, überreizen ihre Sinne durch zu viel Fernsehen oder nächtliches Arbeiten und überwinden jenen toten Punkt, der die Ermüdungsphase von Kapha, in der sich ein natürliches Schlafbedürfnis einstellt, beendet. Das verwundert auch nicht, denn ab 22.00 Uhr beginnt wieder die Pitta-Zeit. Allerdings hat sie in der Nacht andere Aufgaben zu bewältigen, als uns wach zu halten. Der erneut aktive Stoffwechsel der Pitta-Phase produziert Wärme für den Schlaf und dient der nächtlichen Erholung der Verdauungsorgane. Die Zellteilungsgeschwindigkeit erreicht nun ihren Höhepunkt. Jetzt ist auch die beste Zeit für die geistige Verdauung. Auch die Produktion von lebenswichtigen Stoffen für die Stoffwechselfunktionen und der Wachstumshormonen nimmt zu. Es heißt zu Recht: Der beste Schlaf ist der vor Mitternacht. Die nächtliche Pitta-Energie sollte also nicht für nach außen gerichtete Aktivitäten, sondern für die erforderliche Regeneration genutzt werden.

Die Jahreszeiten

Die Tridoshas werden von den Jahreszeiten stark beeinflusst. Nach ayurvedischer Auffassung sind die Rhythmen und Phasen der Natur auch die des Körpers und Geistes. Die Eigenschaften der Doshas spiegeln sich in den Eigenschaften der Jahreszeiten wider. Um im Wechsel der Jahreszeiten das Gleichgewicht zu bewahren, empfiehlt Ayurveda, die Jahreszeitenroutine zu beachten. Diese erfordert keine wesentlichen Veränderungen der Lebensweise. Berücksichtige unabhängig von der Jahreszeit weiterhin die Tagesregeln und ernähre dich entsprechend deinem Konstitutionstyp.

In der Regel ist die Jahreszeit, in der du am meisten auf die Bedürfnisse deines Körper achten solltest, jene, die deinem Konstitutionstyp entspricht: der Sommer für den Pitta-Menschen, der Winter für Vata-Menschen und er Frühling für Kapha-Menschen. Halte dich in deinem Monat besonders genau an die Empfehlungen für dein Dosha. Wenn aber z. B. der Sommer verregnet und kühl sein sollte, vermischt sich Pitta mit Kapha und Vata. Das bedeutet, dass wir neben dem in diesen Monaten vorherrschenden Dosha je nach Wetter auch die etwaigen Einflüsse der beiden anderen berücksichtigen sollten. Zum Beispiel kannst du deinen Körper mit einem jeweils für dich richtigen Tee – Vata-, Pitta-, Kapha- oder Tridosha-Tee – unterstützen oder deine Speisen mit einer Vata-, Pitta-, Kapha- oder Tridosha-Gewürzmischung würzen. (Tridosha = für alle 3 Doshas bzw. jeden Konstitutionstyp geeignet)

Hier ein einfaches Rezept für einen Tridosha-Tee bzw. eine Tridosha-Gewürzmischung:

Zutaten
  • 1 TL Fenchelsamen
  • 1 TL Kreuzkümmelsamen
  • 1 TL Koriandersamen

Für Tee in einem Liter Wasser 7 Minuten kochen lassen und abgießen.

Vata ist bei jedem Jahreszeitenwechsel sehr empfindlich. Deshalb ist es wichtig, am Übergang von kalter zu warmer Jahreszeit und umgekehrt auf dieses Dosha zu achten und Maßnahmen zu seiner Regulierung zu ergreifen (z. B. wärmende, leicht verdauliche Speisen zu dir nehmen, vataberuhigende Tees und Gewürze verwenden, entspannende Übungen und/oder Yoga praktizieren usw.).

Die Anpassung von Ernährung und Lebensweise solltest du jedoch nicht zu dogmatisch sehen. Da die Verteilung der Doshas in jedem Menschen einzigartig ist, geht es dem Ayurveda auch hier besonders darum, den natürlichen Instinkten zu folgen und zu lernen, die Bedürfnisse des eigenen Körpers wahrzunehmen.

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Buchempfehlungen

„Gesund und entspannt mit Ayurveda“ vom Sivananda Yoga Vedanta Zentrum ist das perfekte Einsteigerbuch.  Eine praktische Anleitung für mehr Balance und Energie – Yoga, Meditation, Massage, Ernährung, Kräuter & Gewürze. Damit ist eigentlich schon alles gesagt: Yoga, Ernährung und Ayurveda ergänzen sich prima. Erläutert werden die Konstitutionen (Doshas) und das Leben im Sinne des Ayurveda und wie sie helfen, die Gesundheit zu bewahren. Man erfährt etwas über die Verbindung zum Yoga, zu positivem Denken und Meditation. Für häufige Beschwerden wie Stress oder Schlafprobleme werden Hausmittel angeboten. Das Leben soll wieder in die Balance kommen.

„Ayurveda – Mein Handbuch für ein gesundes Leben“ von Hans Heinrich Rhymer. Wer sich für Ayurveda interessiert, findet in diesem schön gestalteten, umfassenden und leicht verständlichen Ratgeber jede Menge nützliche Tipps und Anregungen. Durch das alphabetische Register findet man leicht den Bereich des Ayurveda, der für einen selbst relevant ist.

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Er erklärt leicht verständlich die Philosophie der Ayurveda und ihre Geschichte. Heute steht Ayurveda für die ganzheitliche Medizin. Der Autor erklärt außerdem die ayurvedische Sicht auf körperliche Merkmale und auf psychische Konstitutionen.

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