Ganzheitliche Aromatherapie im Ayurveda

Entgegen der landläufigen Meinung lassen sich einige der ältesten dokumentierten Wurzeln der Aromatherapie in der ayurvedischen Medizin finden. Ayurveda ist reich an Duft. Jeder Aspekt der Behandlung und Therapie ist mit Aromen infundiert, die hauptsächlich aus dem Gehalt an ätherischen Ölen der verwendeten pflanzlichen Inhaltsstoffe stammen. Diese Düfte (und Aromen) bieten viele der therapeutischen Vorteile, die man bei der Anwendung von Ayurveda hat.

Düfte betören uns, bewegen unsere Gefühle, wecken Erinnerungen, beruhigen, besänftigen oder regen an. Der Duft der ersten Frühlingsblumen verzaubert uns und weckt uns aus dem Winterschlaf, der Duft von Kastanienbäumen ruft vielleicht die Erinnerung an vergangene Kindheitstage wach. Alles, was wir über den Geruchssinn erfahren, wird von unserem Körper verarbeitet, genau wie Nahrung. Erinnerst du dich an den Geruch deines Lieblingsgerichtes, das Wasser läuft dir im Mund zusammen.

Gerüche, Aromen, haben einen machtvollen Einfluss auf uns. Dieser gründet sich darauf, dass alle Düfte direkt auf unser Nervensystem wirken. Die Geruchsrezeptoren, die in unserer Nasenschleimhaut eingebettet sind, sind unmittelbare Ausläufer des Nervensystems. Sie sind die einzigen Nervenzellen im Körper, die, nur durch eine dünne Schleimhaut geschützt, direkt der Luft ausgesetzt sind. Bereits ein zarter Geruchsreiz stimuliert diese Zellen, und sie leiten diese Information direkt an eine zentrale Schaltstelle unseres Gehirns, den Hypothalamus. Dieses winzige Organ gilt als Gehirn im Gehirn und steuert eine Vielzahl von Körperfunktionen wie Temperaturregulation, Durst, Hunger, Hormonspiegel, Wachen und Schlafen. Duftbotschaften aktivieren Gefühle wie Freude und Trauer, können vergangene Erinnerungen lebhaft wachrufen.

Diesen machtvollen Einfluss der Düfte macht sich die ayurvedische Aromatherapie zu Nutze. Reine ätherische Öle sind von der Natur mit besonderen und intensiven Duftqualitäten ausgestattet. Daher können einzelne Öle oder Kombinationen von Ölen, die einander verstärken, starke Effekte auslösen, doch auch ein unerwartetes Ungleichgewicht. Z.B. helfen Öle aus Myrrhe, Wacholder und Pfefferminze, Kapha zu harmonisieren, das ayurvedische Prinzip verantwortlich für Gewichtsabnahme und –zunahme. Aber einzeln oder zusammen können diese Öle auch ein unerwünschtes Ansteigen von Pitta erzeugen, verantwortlich für Heißhunger.

Richte dich bei der Auswahl deiner Duftöle nach deinem aktuellen Befinden und deinem Hauptdosha. Mache immer vor der Anwendung eine Riechprobe. Denn dasjenige Öl, zu dem du dich spontan hingezogen fühlst, ist immer genau richtige für deine Zwecke.

Vata (Wind, Luft – Bewegungsenergie)

Vata kann mit einer Mischung süßlicher und säuerlicher Aromen harmonisiert werden, z. B. durch Basilikum, Orange, Geranie, Lavendel, Rose, Kampfer und Nelke.

Für Menschen mit Vata Prakruti (ursprüngliche, individuelle Konstitution) oder Vikriti (Gestörtes Dosha-Verhältnis) werden wärmende Öle empfohlen, die auch beruhigend wirken. Die meisten Öle haben ein süßes oder süß / scharfes Rasa , warmes Virya (stärkste Energie des Stoffwechsels, Wirkungskraft) und süßes Vipaka (Wirkung nach der Verstoffwechselung). Süße  und würzige Düfte werden oft miteinander vermischt. Die Kombination von würzig und süß ist ideal zur Befriedung von Vata . Das süße Aroma bringt Ruhe und ist feucht. Das würzige Aroma wärmt die Mischung auf. Die Kombination von Sandelholz mit Zimt ergibt z. B. diesen würzig-süße Duft.

Pitta (Feuer, Wasser – umwandelnde Energie)

Pitta wird durch eine Mischung aus frischen, süßen Düften wie Lavendel, Sandelholz, Rose, Minze, Zimt oder Jasmin in Balance gebracht.

Für Menschen mit einem Pitta Prakruti  oder Vikruti werden kühlende Öle wie z. B. Rose und Sandelholz empfohlen. Diese Düfte haben im Allgemeinen ein überwiegend süßes Rasa , kühlen Virya und süßen Vipaka .

Kapha (Erde,Wasser – struckturgebende, zusammenhaltende Energie)

Kapha lässt sich durch würzige, erdige Duftrichtungen ausgleichen, wie Wacholder, Eukalyptus, Kampfer, Nelke, Zeder, Salbei, Patchouli.

Für Menschen mit einem Kapha Prakruti oder Vikruti werden wärmende und anregende ätherische Öle empfohlen. Die meisten dieser Öle sind scharf (würzig). Sie haben ein scharfes Rasa , warme Virya und scharfe Vipaka . Beispiele hierfür sind Zimt und Patchouli. Diese Öle trocknen normalerweise und sie stimulieren und klären die Kanäle des Geistes.

Ätherische Öle vermögen es, ein verbessertes Gleichgewicht aller Aspekte der drei Doshas (Bioenergien – Vata, Pitta, Kapha) hervorzurufen. Ayurveda basiert auf einem tiefen Wissen über grundlegende Naturgesetzmäßigkeiten, über die Intelligenz, die sich auch in Pflanzen und Aromen äußert. Ätherische Öle erwecken diese Intelligenz in unserem Körper und unserem Geist auf ganzheitliche Weise. Es ist die Kraft der Natur selbst, die in Ölen wirkt. Wertvolle ätherische Essenzen wie Sandelholz, Rose, Jasmin, Kampfer, Basilikum oder Lavendel kreieren in ihrem Zusammenspiel ein harmonisierendes Dufterlebnis.

Die Essenz aller Materialien befindet sich in Extrakten und ätherischen Ölen. Manche materielle Partikel werden aufgrund ihrer verdunstenden Qualitäten vom Körper sehr schnell aufgenommen. Andere Substanzen erreichen uns, wenn sie verbrannt werden. Im Zusammenspiel mit dem Körper verteilt und verbreitet der entstehende Rauch dann die mikrofeinen Partikel in der Atmosphäre und hilft, den Körper und die Umgebung in Balance zu bringen. Im Ayurveda finden Yadnyas (heilige Feuer) im täglichen Leben oder zu speziellen Anlässen statt. Die kleinste Rauchtherapie, die bequem und einfach ist, ist das Anzünden eines Räucherstäbchens. Diese sind aus reinen ätherischen Ölen und Düften hergestellt und erzeugen verschiedene Stimmungen, je nach Wunsch, ohne eine nachteilige Wirkung zu verursachen. Es ist ein natürlicher Prozess, mit den durch Verbrennung entstandenen Rauchpartikeln den Körper und die Umgebung zu heilen und zu reinigen.

Verwendung der Ätherischen Öle im Ayurveda

Es gibt viele positive Möglichkeiten, ätherische Öle zu verwenden. Nachfolgend einige Beispiele.

Da ätherische Öle sehr intensiv sind, sollten sie beim Auftragen auf den Körper mit anderen Ölen verdünnt werden. Es sollte ein konstitutionell korrektes Basisöl gewählt werden. Ein Tropfen ätherisches Öl sollte mit 15 ml bis 20 ml Basisöl gemischt werden. Das aromatische Öl wird dann auf Brust, Hals und Gesicht verteilt oder als Körperöl für Massagetherapien verwendet.

Ätherische Öle können in einer Sprühflasche mit Wasser gemischt und im Raum versprüht werden. Mische vier Tropfen ätherisches Öl mit 100 ml Wasser.  Je nach Stärke des Aromas muss mehr oder weniger ätherisches Öl hinzugefügt werden. Die genauen Anteile müssen durch Erfahrung und Präferenz bestimmt werden.

Ätherische Öle sind auch der Schlüsselbestandteil von Räucherstäbchen. Diese langsam brennenden Stäbchen geben Rauch ab, der das Aroma enthält. Räucherstäbchen können eine intensive Aromatherapie bewirken. Einige Menschen können jedoch empfindlich auf den Rauch reagieren. Das Einatmen des Rauches kann zu einer Reizung der Bronchialmembranen führen, was zu Husten und Keuchen führt, auch können die Augen rot werden und brennen.

In der chinesischen Medizin ist das Verbrennen von Kräutern in der Nähe von Akupunkturpunkten, Moxibustion genannt, eine übliche Praxis. Die Wärme und die Qualität der ätherischen Öle dringen in den Zugangspunkt des Körpers ein. Diese Praxis wird auch in der ayurvedischen Medizin in der Nähe von Marma- Punkten (Energiepunkte) angewendet . Beifuss ist das am häufigsten verwendete Kraut, fest um einen Ingwerstengel gewickelt. Kurkuma und Kalamus werden auch verwendet.

Aromatische Kräuter können zu Dampftherapien hinzugefügt werden. Im Ayurveda sind Dampfbox- oder Dampfzelttherapien sehr verbreitet. Aromatische Kräuter geben dem Dampf ihre Öle ab und der Dampf transportiert sie zu allen Körperteilen. Übliche Aromaten, die hinzugefügt werden, sind Eukalyptus, Lorbeerblatt und Pfefferminz. Ätherische Öle oder Kräuter werden aufgrund ihrer Energetik und einzigartigen Prabhava (nicht kalkulierbare Eigenschaft) ausgewählt.

Ätherische Öle können auch zu Salben oder Alkohol hinzugefügt und auf die Haut aufgetragen werden. Dies ist eine übliche Methode zum Auftragen von Ölen zur Behandlung von Arthritis oder anderen Schmerzzuständen.

Mehr über Aromatherapie erfährst du in Artikel „Aromatologie und Aromatherapie für Körper, Geist und Seele“

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Buchempfehlungen

Leider gibt es auf dem deutschen Büchermarkt keine Bücher, die sich speziell mit Ayurveda und Aromatherapie beschäftigen, Doch wenn du tiefer in das Thema Ayurveda allgemein einsteigen willst, kann ich dir folgende Bücher empfehlen:

„Die Ayurveda Pflanzenheilkunde – Der Yoga der Heilkräuter“ von Dr. Vasant Lad und Dr. David Frawley. Dieses Buch ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher und stellt die ayurvedische Pflanzenheilkunde nicht als ein exotisches, sondern als ein hier und heute praktizierbares System vor. Die Autoren Vasant Lad und David Frawley verfügen über langjährige Erfahrung. Sie haben hier zum ersten Mal die Prinzipien der ayurvedischen Pflanzenheilkunde, das „Yoga“ der Kräuter“, zu einer für den westlichen Menschen lebendig werdenden Wissenschaft gemacht. Beim Ayurveda werden die Energien der Pflanzen erfasst und diese dann ganz individuell den jeweiligen menschlichen „Konstitutionen“ (Doshas) zugeordnet.

Dieses Buch gibt dir ein Werkzeug in die Hand, das vom Erfassen eines Zustandes über Diagnosemethoden, differenzierte Anleitungen zur Rezeptur bis hin zum Gebrauch der Pflanzen reicht. Es ist verblüffend, wie einfach es ist, sich eine ayurvedische Hausapotheke aufzubauen. Ayurveda betrachtet Gesundheit und Krankheit aus einer ganzheitlichen Sicht, welche die Beziehung zwischen Individuum und kosmischem Bewusstsein, Energie und Materie mit einbezieht.

„Gesund und entspannt mit Ayurveda“ vom Sivananda Yoga Vedanta Zentrum ist das perfekte Einsteigerbuch.  Eine praktische Anleitung für mehr Balance und Energie – Yoga, Meditation, Massage, Ernährung, Kräuter & Gewürze. Damit ist eigentlich schon alles gesagt: Yoga, Ernährung und Ayurveda ergänzen sich prima. Erläutert werden die Konstitutionen (Doshas) und das Leben im Sinne des Ayurveda und wie sie helfen, die Gesundheit zu bewahren. Man erfährt etwas über die Verbindung zum Yoga, zu positivem Denken und Meditation. Für häufige Beschwerden wie Stress oder Schlafprobleme werden Hausmittel angeboten. Das Leben soll wieder in die Balance kommen.

„Ayurveda – Mein Handbuch für ein gesundes Leben“ von Hans Heinrich Rhymer. Wer sich für Ayurveda interessiert, findet in diesem schön gestalteten, umfassenden und leicht verständlichen Ratgeber jede Menge nützliche Tipps und Anregungen. Durch das alphabetische Register findet man leicht den Bereich des Ayurveda, der für einen selbst relevant ist.

Hans Heinrich Rhyner ist in Indien und in  Europa ein anerkannter Ayurveda-Spezialist. In diesem umfassenden Handbuch gibt er seinen persönlichen Erfahrungsschatz aus beiden Welten (manchmal etwas streng) wieder und erläutert anhand vieler Beispiele die  Anwendung der Ayurveda für ein gesundes Leben.

Er erklärt leicht verständlich die Philosophie der Ayurveda und ihre Geschichte. Heute steht Ayurveda für die ganzheitliche Medizin. Der Autor erklärt außerdem die ayurvedische Sicht auf körperliche Merkmale und auf psychische Konstitutionen.

„Ayurveda – Wesen und Methodik“ von Subhash Ranade ist ein absoluter Klassiker, ein Grundlagenwerk für alle Interessierte Laien und für Praktiker geeignet, die tiefer in die Thematik einsteigen möchten. Das Buch folgt den Richtlinien für das wissenschaftliche Studium des Ayurveda und wird von vielen Schulen als Lehrbuch eingesetzt. Es umfasst die Geschichte der ayurvedischen Medizin, ihre philosophischen Grundlagen, die Grundbegriffe wie die Prinzipien ihrer Substanzen und ihrer Eigenschaften, also die Pharmakologie, die pharmazeutischen Herstellungsverfahren, diagnostische Methoden und die Behandlung von Krankheiten.

 

Disclaimer – Aus rechtlichen Gründen muss ich darauf hinweisen, dass ich weder Medizinerin noch Heilpraktikerin bin. Alle von mir auf rawvegangreen getroffenen Aussagen über Wirkungsweisen und Eigenschaften der einzelnen Mittel und Rezepte ergeben sich aus meinen persönlichen Erfahrungen bei ihrer Ver- und Anwendung. Sie dienen der Information und stellen in keiner Weise Heilversprechen dar. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass weder Linderung von Problemen oder gar Krankheiten garantiert oder versprochen werden. Die Inhalte können keine persönliche Beratung, eine Untersuchung oder Diagnose durch einen Arzt oder Therapeuten ersetzen und du solltest meine Information auch nicht dazu nutzen, Eigendiagnosen zu stellen oder dich selbst zu therapieren! In anderen Worten, wenn du meine Infos und Rezepte nachmachst, tust du das auf eigene Verantwortung.

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